Sachverständiger Kauffels folgert aus der Schließung der Delfinarien die Tötung der Tiere

Der Sachverständige Dr. Thomas Kauffels ist Präsident des Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ) und Direktor des zoologischen Gartens Opel-Zoo. Kauffels hat sich in seiner Ausbildung nicht mit Delfinhaltung befasst und auch keine wissenschaftlichen Beiträge dazu veröffentlicht. In seiner Stellungnahme weist Kauffels selbst daraufhin, dass er kein Wissen über Veterinärmedizin habe, er aber davon ausgehe, dass die vorhandenen Delfine bei einer Schließung der beiden Delfinarien in Nürnberg und Duisburg getötet werden müssten (Anm.: Dies würde gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und zeugt von völligem Unwissen der Gesetzeslage).

Nürnberger Tiergartendirektor Encke bezeichnet wissenschaftlichen Beitrag des Universitätsdozenten als "laienhaft"

Der Sachverständige Dr. Dag Encke ist ltd. Direktor des Tiergarten Nürnberg. Er promovierte über die speziellen Stoffwechselvorgänge, mit denen sich Zwerghamster in der Dsungarei dem harten Winter in der Steppe anpassen. über Delfine gibt es es keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Encke. In seiner Stellungnahme schreibt Encke uninformiert und unsachlich: "Bei der Stellungnahme des Privatdozenten Dr. Christian Schulze handelt es sich nicht um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern um eine singuläre Meinungsäußerung eines offensichtlichen Laien im Tierschutz und der Tierhaltung."

Encke bestätigt in seiner Stellungnahme, dass im Duisburger Zoo von 26 Delfingeburten z.Zt. nur sieben überlebt haben. Dabei verschweigt Encke, dass der langjährige Direktor des Duisburger Zoos, Wolfgang Gewalt, im Laufe seiner Dienstzeit bis 1993 2 Sotalias, 3 Weißwale, mindestens 5 Schweinswale, 33 Tümmler, 5 Amazonasfluß-Delphine und 17 Commerson-Delphine importiert hat (also insgesamt 65 Cetacea, s. SPIEGEL aus 1997). Von diesen Importen leben heute nur noch 2 Große Tümmler und 1 Amazonas-Flussdelfin im Duisburger Zoo. Für den Tiergarten Nürnberg gibt Encke 26 verstorbene Große Tümmler (davon 16 Kälber) in seinem Bericht an. Laut Taxon-Report, den das WDSF in Nürnberg eingesehen hat, starben jedoch insgesamt 35 Delfine des Nürnberger Tiergartens zzgl. drei Nachzuchten von transferierten bzw. ausgeliehenen Delfinmüttern im Delfinarium Harderwijk. Andererseits bestätigt Encke, dass aufgrund der vorhandenen Population in Gefangenschaft in den nächsten 100 Jahren keine weiteren Importe aus Wildfängen erforderlich seien.

Die vom WDSF aufgrund der Einsicht in die tiermedizinischen Tagesberichte des Zoos Nürnberg nachgewiesenen verabreichten Psychopharmaka für die Delfine bezeichnet Encke als "Appetitanreger". Tatsächlich hat der Delfin Arnie an 203 Tagen insgesamt mdst. 2.255 mg Diazepam (Valium) und der Delfin Joker mdst. 5.515 mg Diazepam an 277 Tagen (teilweise täglich) verabreicht bekommen. Diazepam ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Benzodiazepine mit relativ langer Halbwertszeit. Da es bei einer Langzeittherapie mit Diazepam zu einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit kommen kann, wird der Wirkstoff vorrangig in der Akut-Therapie – das heißt nicht länger als vier bis sechs Wochen – eingesetzt (Martin Wehling (Hrsg.:): Klinische Pharmakologie. 1. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005. S. 487). Durch die lange Halbwertzeit des Psychopharmaka hat die teilweise tägliche Verabreichung eine sedierende (beruhigende) Wirkung auf die Delfine, die in der Verharmlosung von Encke keine Berücksichtigung findet. Tatsächlich heißt es in den Protokollen der tiermedizinischen Tagesberichte des Delfinariums, dass Diazepam (und Seranin) aus folgenden Gründen eingesetzt wurde: "Nervosität wegen Baulärm, Fang-Transportaktion, Untersuchungsacktion, schlechte Mitarbeit, Aggressivität, Nervosität allgemein". Der Delfin Arnie erhielt zusätzlich zur Diazepam-Behandlung an insg. 235 Tagen 830 Seranin-Tabletten; der Delfin Joker 317 Seranin-Tabletten an mdst. 92 Tagen. Seranin ist ein Beruhigungsmittel gegen Aggressionen und andere angstbedingte Verhaltensprobleme. Das Delfinweibchen Eva erhielt vor ihrem Tod im Jahr 2009 im Jahr 2008 820 mg Diazepam und in 2009 320 mg des Psychopharmaka. Dem Tümmler Naomi wurde trotz nachgewiesener Schwangerschaft Diazepam verabreicht (s. Analysebericht Anna Meyer-Löbbecke - Biologin B. Sc.).

Sachverständiger Althaus setzt auf Delfin-Plüschtiere und Delfinarien im Kampf gegen den Walfang

Der Schweizer Sachverständige Dr. Thomas Althaus ist Tierarzt und hat keine wiss. Beiträge über die Delfinhaltung veröffentlicht. Althaus wird auch schon mal gerne von Zirkussen gebucht, um dort den Besuchern Dressurabläufe zu erläutern. In seiner Stellungnahme sind keine eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Delfinhaltung enthalten. In der Debatte erzählte Althaus, dass er anlässlich seines Besuchs in der japanischen Walfängerstadt Shimonoseki Kinder in einem Delfinarium beobachtet habe, die fasziniert von den Tieren waren und anschließend Delfin-Plüschtiere gekauft hätten. Diese Kinder würden sicher kein Walfleisch mehr essen, vermutete Althaus laienhaft und sprach sich für die Einrichtung von Delfinarien im Kampf gegen den Walfang aus. Tatsächlich haben WDSF/ProWal in der japanischen Walfangstadt Taiji vor Ort festgestellt, dass Eltern, die mit ihren Kindern dort das Delfinarium besucht haben, anschließend in das nahegelegene Restaurant gingen und Wal- bzw. Delfinfleisch verzehrten, das in Japan als Delikatesse gilt (ähnlich wie in Deutschland nach dem Besuch eines Streichelzoos z.B. Ziegen- oder Truthahnfleisch auf den Tisch kommt). Diese Aussage von Althaus wurde von den meisten Abgeordneten belächelt (s.Bundestags- TV-Aufzeichnung Zeitschiene ab 1 Std 38 Min.).

Robben- und Fischforscher Dehnhardt braucht Delfinarien zur Forschung

Der Einzelsachverständige Prof. Dr. Guido Dehnhardt ist am Institut für Biowissenschaften - Lehrstuhl für Sensorische und Kognitive ökologie Universität Rostock - als Biologe für den Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultätsbereich beschäftigt (Sensorische und Kognitive ökologie). Für die Universität Rostock forscht Dehnhardt im Marine Science Center am attraktiven Yachthafen von Rostock über Robben, Oktopoden und Fische. Um an Delfinen forschen zu können, befürwortet Dehnhardt die Haltung von Delfinen in Delfinarien. Die ausdrückliche Frage nach den baulichen Voraussetzungen und der erforderlichen Wasserqualität in Delfnarien konnte Dehnhardt in seiner Stellungnahme trotz seiner angeblichen fachlichen Qualifikation nicht beantworten. Auch zur Frage des Reproduktions- und Aufzuchtverhaltens fand er keine Antwort und verwies auf die zoologischen Einrichtungen. Zur Lebenserwartung in freier Wildbahn gäbe es nur sehr wenige Arbeiten, meinte Dehnhardt und ließ auch diese Frage offen. Verhaltensstörungen bei Delfinen in Gefangenschaft seien ihm nicht bekannt (s. aber Psychopharmaka-Verabreichung oben im Beitrag zu Dag Encke). Hinsichtlich der Zucht weist Dehnhardt ausdrücklich darauf hin, dass diese mancherorts gedrosselt werden müsse. Zu den Vorgaben im Entwurf des Säugetiergutachtens verweist Dehnhardt auf die Vorschläge von Prof. Dr. Vincent Janik (St. Andrews, UK), der erst kürzlich das Verhalten von 121 frei lebenden Delfinen in einer Gefangenschaftsaktion wissenschaftlich untersucht hat. Zum Tier- und Artenschutz des Delfinbereichs im Säugetiergutachten von 1996 wusste Dehnhardt ebenfalls keine Antwort und verweist erneut an die Zoos. Zur Stressfrage bei den Großen Tümmlern vermutet (!) er, dass diese Untersuchungen in Nürnberg und Duisburg durchgeführt wurden. Im Hinblick auf die derzeitige überzüchtungszahl von Delfinen in Delfinarien empfiehlt Dehnhardt eine Geburtenkontrolle.

Holländischer Tiermanager van Elk favorisiert Anti-Säure-Behandlung bei Delfinen

Der Einzelsachverständige Dr. med. vet. Cornils Erik van Elk wird nach eigenen Angaben vom Delfinarium Harderwijk, Niederlande, seit 14 Jahren als Veterinär und Tiermanager beschäftigt. Van Elk ist ebenfalls für das Rehabilitationszentrum SOS-Dolfijn im Delfinarium Harderwijk tätig, das im Verdacht steht, gestrandete Meeressäuger für Show-Zwecke zu verwenden. Er ist weiterhin für das Populationsmanagement in den beiden Vergnügungsparks Asterix in Paris, Frankreich, und Planet Sauvage, Port-St-Père, Frankreich verantwortlich. Van Elk bestätigt die gezielte Geburtenkontrolle aufgrund in Gefangenschaft vorliegender Geburtenüberschüsse und der in West-Europa z.Zt. vorhandenen 232 Delfine in Delfinarien lt. Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP). Sterbefälle in Gefangenschaft seien auf Infektionen und altersbedingtes Organversagen zurückzuführen. Als abnormales Gefangenschaftsverhalten bezeichnet van Elk das "Hochwürgen von Fisch". Diese Irritation der Speiseröhre und der Zähne würde man durch eine prophylaktische Anti-Säure-Behandlung behandeln. Bei einer Schließung der beiden verbliebenen deutschen Delfinarien würden die Tiere in anderen zoologischen Gärten untergebracht, damit sie weiterhin für Forschungs-, Bildungs- und Artenschutzprogramme verwendet werden können, schreibt van Elk in seiner Stellungnahme. Im Zuchtbuch des EEPs, dass öffentlich nicht zugänglich ist, seien insgesamt 835 "Tierindividuen" erfasst.  Die Kälbersterblichkeit bei Delfinen liege zwischen 1990 und 2012 bei reduzierten 47 %. Van Elk bestätigt auch, dass die Population der vorhandenen Großen Tümmler aus eigener Nachzucht aufrecht erhalten werden kann. Anm.: Dies spricht ebenso wie die Aussage der Einzelsachverständigen Dehnhardt und Encke dafür, ein Importverbot für Delfine zu beschließen.

Türkischer Hirnforscher Güntürkün greift  deutschen Privatdozenten außerhalb der Anhörung als "wissenschaftlichen Laien" an

Eine unsachliche Retourkutsche des u.E. befangenen Berufspsychologen Prof. Onur Güntürkün verbreitete der Tiergarten Nürnberg gegen das delfinhaltungskritische wissenschaftliche Gutachten von Priv.-Doz. Dr. Christian Schulze (beide Ruhr-Universität Bochum).
Der Tiergarten Nürnberg veröffentlicht auf seiner Homepage eine weitere "wissenschaftliche" Stellungnahme des türkischen Prof. Onur Güntürkün (Ruhr-Universität Bochum) zu dem Bundestagsantrag der Grünen (Haltung von Delfinen beenden), mit der sich dieser für die Fortführung der Delfinhaltung ausspricht. In seiner Stellungnahme greift Prof. Güntürkün seinen Fakultätskollegen Priv.-Doz. Dr. Christian Schulze (ebenfalls Ruhr-Universität Bochum) für seine fachliche wissenschaftliche Stellungnahme zur Delfinhaltung scharf an und argumentiert völlig unsachlich zum Thema. Die Stellungnahme von Prof. Güntürkün wurde vom Bundestagsausschuss nicht veröffentlicht. Güntürkün ist für den Fakultätsbereich Biopsychologie der Ruhr-Universität tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Funktion des Denkens, wie er selbst schreibt. Aus seiner beruflichen Vita ergibt sich, dass von Güntürkün keine fachspezifischen Veröffentlichungen über die Delfinhaltung verfügbar sind und er sich nicht schwerpunktmäßig damit befasst hat.

Die neurologische Gehirnforschung an toten Delfinen, die Güntürkün betreibt, hat nicht viel mit Erkenntnissen zur Delfinhaltung zu tun. Im Gegensatz zu den Ergebnissen internationaler Delfinforscher kommt Güntürkün im Jahr 2004 zu dem Ergebnis, dass "Delfine weniger intelligent sind, als bisher gedacht". Güntürkün hat als Referent eine Dissertation zur Erlangung eines Doktortitels einer Studentin (Annette Kilian - Mai 2004) zum Thema der Gehirnfunktion von Großen Tümmlern begleitet und kurz danach (September 2004) zum gleichen Thema einen Kurzbericht zusammen mit Annette Kilian und dem Kurator des Tiergartens Nürnberg, Lorenzo von Fersen, beigesteuert. Die Liste der verwendeten Fremdpublikationen des Kurzberichts ist fast identisch mit der Arbeit der betreuten Studentin und stellt lediglich eine auszugsweise Abschrift aus der Dissertation dar. Am liebsten forscht Güntürkün allerdings an Elstern und Tauben.

Prof. Güntürkün ist sicherlich keine Delfinspezialist, der sich anmassen darf, einen renommierten Fakultätskollegen wie Dr. Schulze zu kritisieren, der sich in wissenschaftlichen Stellungnahmen bereits auch zur Delfinhaltung und -therapie geäußert hat, zumal sich Güntürkan lediglich auf neurologischer Ebene mit Delfingehirnen von toten Delfinen befasst hat. Er selbst tituliert Dr. Schulze in seiner "wissenschaftlichen" Stellungnahme als "wissenschaftlichen Laien", obwohl Schulze als zweifach examinierter Biologe mit dem Schwerpunkt Zoologie, spezielle Botanik und Stoffwechselphysiologie wissenschaftliche Stellungnahmen zum Thema der Delfinhaltung und Delfintherapie verfasst hat. Bei der u.E. nicht wissenschaftlichen Stellungnahme von Prof. Güntürkün zu den Ausführungen von Herrn PD Dr. Schulze haben seine intensiven Verflechtungen mit dem Tiergarten Nürnberg offenbar eine wesentliche Rolle gespielt.

Güntürkün ist eng mit dem Tiergarten Nürnberg verbunden. Er war Mitglied im Förderverein DelphinLagune e.V. der sich in 2012 aufgelöst hat. Der Verein sollte die kommerzielle Verwendung der Delfine zur Delfintherapie fördern.*  Zum neuen Delfinarium Nürnberg (dort S. 48) äußerte Güntürkün: "Die Delphin-Lagune vereint alle positiven Aspekte einer optimalen und artgerechten Tierhaltung. Ein begeisterndes Projekt." Das WDSF vermutet in dem unqualifizierten Statement von Güntürkün auch einen gewissen Unmut aufgrund der Vereinbarung des WDSF mit allen großen deutschen Reiseveranstaltern, dass keines der 10 türkischen Delfinarien aufgrund katastrophaler Zustände nicht mehr angeboten werden.

* Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat in einem Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth nach einer WDSF-Strafanzeige ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine dauerhafte kommerzielle Verwendung von Delfinen für eine Delfintherapie verboten ist.

Stellungnahmen der Sachverständigen, die sich bei der Bundestags-Anhörung gegen eine Delfinhaltung ausgesprochen haben:

Einzelsachverständigen Philip Loos, B. Sc. Biologie (WDSF - Wal- und Delfinschutz-Forum)

Einzelsachverständige Dr. Sandra Altherr (Pro Wildlife e.V.)

Einzelsachverständiger Dr. Karsten Brensing (WDC - Whale and Dolphin Conservation)